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22.06.2016, 11:59 Uhr

Sönke Rix, MdB

MdB Sönke Rix: Härtester Schlag für die EU

Es steht nicht gut um die Europäische Union und das, was sie ausmacht – oder besser gesagt ausmachen sollte. Wir erleben derzeit vielfach eine Abkehr von europäischen Werten. Einige Mitgliedsstaaten treten nicht wie der Teil eines großen Ganzen auf, sondern verfallen in nationalstaatliches Denken und Handeln. Allein: Diese Länder sind trotz ihres teilweise uneuropäischen Gebarens Mitglieder der EU, so dass unter dem Strich von einem europäischen Grundkonsens ausgegangen werden kann.

Welche Auswirkungen hätte es aber, wenn sich ein starkes Mitglied der EU ausdrücklich gegen das Bündnis entscheiden würde? Ein solcher Schritt ist zum Greifen nah: Am morgigen Donnerstag stimmen die Briten darüber ab, ob das Vereinigte Königreich in der EU bleiben soll oder nicht. Umfragen in der britischen Bevölkerung zeigen, dass Befürworter und Gegner des sogenannten Brexit nahezu gleichauf sind, der Ausgang der Abstimmung ist somit ungewiss.

Das ist beunruhigend. Grund dafür ist zunächst, dass ein Austritt des Landes Wasser auf die Mühlen der Europakritiker wäre; antieuropäische Strömungen in den Mitgliedsstaaten könnten noch stärker werden. Frei nach dem Motto: „Wenn sich ein Land wie Großbritannien von einem vereinten Europa abwendet, dann kann es mit der europäischen Idee ja nicht weit her sein.“ Davor kann ich nur warnen; zu tief ist die Krise, in der Europa bereits steckt. Und eine Krise Europas wird für Deutschland niemals von Vorteil sein.

Auf jeden Fall würde die EU durch den Austritt Großbritanniens an politischem Gewicht verlieren und das wäre der härteste Schlag für die EU seit ihrer Gründung.

Trotzdem dürfen wir nicht in eine Schockstarre verfallen, wie auch immer das Referendum ausgehen mag. Wie sehr ich mir wünsche, dass es den politisch Verantwortlichen in Großbritannien gelingt, die Britinnen und Briten von den Vorzügen der EU-Mitgliedschaft zu überzeugen: Debatten um Zerfaserung und drohende Desintegration werden uns selbst dann nicht erspart bleiben.

Neben dem großen politischen Schaden wird auch die Wirtschaft leiden. In erster Linie in Großbritannien, aber natürlich auch in  der EU und besonders in Deutschland, das als Exportnation auch noch besonders eng mit dem Vereinigten Königreich verwoben ist.

Wie hoch der Schaden am Ende sein wird, ist natürlich Spekulation. Die britische Wirtschaft könnte nach Schätzungen bis zu sechs Prozent schrumpfen, 800.000 Arbeitsplätze könnten unmittelbar gefährdet sein, Gewerkschaften erwarten längerfristig Arbeitsplatzverluste in Millionenhöhe.

Ich hoffe, dass die Briten sich morgen gegen politische und ökonomische Unvernunft, gegen nationalistische Bestrebungen und gegen rechte Ideologen und deren Hetze entscheiden.

 

Erschienen als "Bericht aus Berlin" in der "Eckernförder Zeitung" vom 22.06.2016

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